Geschichte

NS-Raubkunst: Richter für neues Schiedsgericht benannt

19.09.2025, 14:54

Die deutschen Nationalsozialisten raubten Hunderttausende Kunstgegenstände von den Menschen, die sie drangsalierten, verfolgten und ermordeten. Eine neue Institution soll die Rückgabe erleichtern.

Mehr als 80 Jahre nach Ende der NS-Diktatur soll ein Schiedsgericht die Verfahren zur Rückgabe sogenannter Raubkunst beschleunigen. Dafür wurden nun 36 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter benannt, wie Kulturstaatsminister Wolfram Weimer mitteilte. 

Geplant sei eine Doppelspitze des Präsidiums mit der ehemaligen Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Elisabeth Steiner und dem früheren CDU-Politiker (Christdemokraten) und Verfassungsrichter Peter Müller. Das sei der letzte große Schritt zur Einrichtung der Schiedsgerichtsbarkeit, sagte Weimer.

Umsetzung der «Washingtoner Prinzipien»

Es geht um Kunstwerke, die Verfolgten in der Zeit des Nationalsozialismus geraubt wurden oder die sie unter Zwang verkauften und die nun zum Beispiel in deutschen Museen sind. Schätzungen gehen von ursprünglich bis zu 600.000 gestohlenen Kunstwerken in der Nazi-Zeit aus.

In den von Deutschland unterstützten sogenannten Washingtoner Prinzipien von 1998 wurden frühere Besitzer und ihre Erben ermutigt, ihre Ansprüche anzumelden, damit «gerechte und faire Lösungen» gefunden werden. In der Praxis war dies oft schwierig. Deshalb vereinbarten Bund, Länder und Kommunen im Frühjahr das Schiedsgericht. 

«Ernsthaftigkeit und Professionalität»

Die Personalauswahl für die neue Institution sei ein entscheidender Markstein, erklärte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Gelungen sei eine hochkarätige und paritätische Besetzung. «Dieses Gremium wird künftig mit Ernsthaftigkeit und Professionalität über Restitutionsfragen entscheiden.»

Bisher befasste sich mit Streitfällen die sogenannte Beratende Kommission, doch kamen die Nachfahren früherer Besitzer von Raubkunst oft nicht voran. Neu ist, dass sich Betroffene einseitig an das Schiedsgericht wenden können - bisher war die Zustimmung der Gegenseite nötig, also etwa des betroffenen Museums. Zudem kann das Schiedsgericht selbst entscheiden und nicht nur eine Empfehlung abgeben.

Nächster Schritt: Restitutionsgesetz

«Wir stehen kurz vor Beginn einer neuen Ära bei der Rückgabe von NS-Raubgut», sagte der bayerische Kunstminister Markus Blume. Rüdiger Mahlo von der Jewish Claims Conference sprach von einem wichtigen Signal für Überlebende und ihre Familien: «Nach Jahrzehnten des Wartens können sie nun endlich beginnen, ihre Restitutionsansprüche aus eigener Initiative voranzubringen.» 

Wie Zentralratspräsident Schuster mahnte auch Mahlo als nächsten Schritt ein Restitutionsgesetz an. Nur so könne es eine Lösung für alle noch offene Fälle geben.